Allgäu-Orient-Rallye 2010
Team Ottobrumm
„Es ist Zeit, etwas Verrücktes zu tun”
Montag, der 10. Mai 2010
Die Fahrer verlassen um 4:45 Uhr das Hotel und holen die Fahrzeuge
aus der Tiefgarage. 5:15 Uhr Abfahrt in Richtung Jordanien. Um diese
Zeit sieht man kaum Autos auf den Straßen von Damaskus. Es "fehlen"
nicht nur die fahrenden, sondern auch die parkenden Fahrzeuge.
Während im München zur Schlafenszeit alle Parkplätze
am Straßenrand besetzt sind, sind hier Nachts über die Hälfte frei.
Ruck - zuck sind wir aus der Stadt. An der Grenze bei Jabit kommen wir
als eines der ersten Teams an. Die behördlichen Prozeduren ähneln
denen der Einreise. Joni wird von einem Dienstgrad zum nächsthöheren
geschickt. Schließlich wird eine Kopie des Zollpapiers vom Einreisestandort
hierher gefaxt und amtlich beglaubigt. Nach dreieinhalb Stunden sind
wir, ohne Bakschisch durch. Für unsere Unpässlichkeit ist das sehr gut.
Ohne des Papierverlußtes hätten wir knapp zwei Stunden benötigt.
Auf der Jordanischen Seite werden wir von den Grenzbeamten
Willkommen geheißen. Freundlichkeit, "Guten Tag", Lachen,
"Allemagne", "you are welcome", Winken.
Auf dem Parkplatz nach der Grenze werden wir herzlich von den Nachreisenden
begrüßt. In unserem Team sind das Gitti und Anke.
Außerden stößt Aleks wieder zu uns.
Die Frauen steigen in die Autos ihrer Männer ein, um die letzte Etappe
mitzufahren.
Zum Frühstück auf dem Parkplatz
wird Rührei mit Dosenfleisch gerichtet. Und Stefans High-Tech-
Espresso-Maschine kommt wieder auf Touren.
Die Fahrzeughalter müssen Ihre Reisepässe abgeben, damit sie die Autos
auch wirlich an die vorgesehene Organisation übergeben. Ein Ersatzpapier gibt
es dafür nicht. Das fühlt sich merkwürdig an.
Die Strecke heute wurde vom OK vorgegeben:
Jaber - Mafraq - Safawi - Azraq - Jafer - Ma'an - New Humaymah - Wadi Rum.
Es geht noch einfacher. Hier leben die Menschen noch einfacher. Allerdings
sehen wir zunächst nicht viel von Land und Leuten. Die kommenden
Stunden fahren wir durch Wüste. Sie entwickelt sich von einer Steinwüste
hin zur Sandwüste.
Das Wetter ist schlecht: bewölkt, starke Windböen.
Es ist sehr hell, aber kontrastarm.
Die Luft ist heiß. Über die Straße weht der Sand. Ich verwende die kleine,
sonst im Auto so praktische, Digicam nicht mehr, weil sie gegen Sand
empfindlicher ist als die Spiegelreflex. Wir schalten die Nebelscheinwerfer
zu.
70 km vor Akaba werden wir in die Sandwüste gewunken. Der Sandstrurm
hält an.
Zunächst geht es darum, auf der Sandstraße zu bleiben. Aber der Fahrweg
ist nicht immer eindeutig. Er wird breiter und schmaler, verzweigt um gleich
wieder zusammenzulaufen. Einige Rallye-Teilnehmner fangen an,
neben dem Fahrwegs mit sehr hoher Geschwindigkeit von
ca. 70 km/h zu überholen. Die normale Fahrgeschwindigkeit
leigt eher bei 30 km/h.
Eine von den Motorbienen fällt um und kann ihr Motorrad nicht alleine
Aufrichten. Wir steigen aus und helfen. Im Grunde haben wir Zeit. Es geht
nicht um Geschwindigkeit. Dabei rasen ein paar Autos sehr knapp vorbei
und stauben uns ein.
Der Fahrweg hat bald seine Kontour verloren. Wir fahren stellenweise
nur über unbegrenzte Piste.
Zwei km weiter kommt ein schwieriges überqueren einer leeren Flussrinne.
Man darf dabei nicht an einer Stelle weichen Sandes stehenbleiben,
weil sich da die Räder beim Anfahren eingraben. Man darf aber auch nicht
über einen Koffer- großen Stein fahren, weil man damit am Boden des
Fahrzeuges befindliche Teile verletzt. Die Kunst ist es, ohne anzuhalten,
schnell den richtigen zur erfassen und auch zu fahren, was für jemanden,
der noch nie durch die Wüste gefahren ist, nicht leicht ist.
So passiert es, dass diverse Autos bei zaghafter Fahrweise oder
durch ein Anhalten an unglücklicher Stelle zur
Wiedergewinnung der Orientierung, steckenbleiben.
Damit versperren sie wichtige Passierstellen.
Die Sicht ist durch den Sandsturm recht schlecht.
Ungeduldige Fahrer setzten auf den Ansatz mit hoher Geschwindigkeit
einen eigenen Weg über die weichen Bodenstellen zu nehmen, um nach
200 bis 500 Metern wieder festen Boden unter den Rädern zu haben.
Dabei hoppelt und springt der Wagen über die Unebenheiten der Wüste.
Und dann reißt der erste Auspufftopf ab. Man hört es sehr genau, wenn
das hochtourige Motorengeräusch bei niedrigem Gang schlagartig von
dem tiefen und viel lauteren Röhren des Auspuffs, oder was halt davon
übriggeblieben ist, übertönt wird.
Mittlerweile sind wir, wie auch Andere, längst ausgestiegen.
Ein paar Leute applaudieren. Nach nach reißen immer mehr Auspuffe
und Verkleidungen ab und bleiben immer mehr Autos im Sand stecken.
Wir auch. Allerdings nur mit zwei Autos. Die anderen beiden haben
Allradantrieb. 4x4er sind hier die Kings.
Wir verbringen im Folgenden ein paar Stunden Zeit damit, Sand vor
oder manchmal auch hinter den Rädern wegzugraben,
Autos mittels Abschleppseil an Allradfahrzeuge zu hängen und
herauszuziehen, Autos durch Wippen quer zur Längsachse Sand
unter eingegrabene Räder zu bringen, Autos mit 10 Personen anzuschieben,
Wege zu Fuß zu erkunden
und Personen an markanten Wegstellen zu postieren.
Das alles nicht nur für unsere Fahrzeuge. Man hilft Team- übergreifend und
bekommt auch von Anderen geholfen.
Aber es kommt noch dicker. Die Dämmerung setzt ein. Joni hat eine
Batterie von Scheinwerfern auf dem Dach montiert, die jetzt guten Dienst
leistet. Damit die Batterie durch den hohen Stromverbrauch nicht leergesaugt
wird, bleibt der Motor auch im Stand eingeschaltet.
Einheimische bieten ihre Hilfe an. Sie sind mit den typischen Geländewagen
hier. Dabei muß man den Preis für die Hilfe verhandeln. Na ja viel verhandelt
wird nicht. Irgendwann geben wir Einem Geld dafür dass er uns zum Camp
führt. Nach einer Halben Stunden überholt uns ein andere Einheimischer,
der allerdings das Logo der Veranstaltung auf dem Auto führt, bremst uns
und erklärt, dass unser Guide nicht den richtigen Weg fährt. Dieser trollt
sich fast wortlos. 23:00 Uhr kommen wir im Camp an.
Es gibt ein warmes Abendessen, frische Getränke, Bauchtanz, tanzende
Männer. Aber wir sind zu müde.
Zwei der vielen aufgestellten Zelte mit quadratischem Grundriss belegen wir.
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